Jeder will wohnen und manchmal auch woanders. Doch die Tor- und Türhüter auf dem Wohnungsmarkt gehören zu den unbeliebtesten Berufsgruppen überhaupt: Immobilienmakler. Manchmal führt kein Weg an ihnen vorbei. Unbeliebt sind nicht nur ihre Uhren, Autos und Anzüge (alles Klischees natürlich), sondern vor allem die Vermittlungsprovision. Diese richtet sich nach dem Verkaufspreis (üblich sind in Deutschland 5–6%) oder nach der Miete (1–3 Kaltmieten). Wenn ein Makler einen Mieter für eine 4- statt für eine 2-Zimmer-Wohnung vermittelt, bekommt er eine rund doppelt so hohe Provision – für denselben Arbeitsaufwand: paar Mal Tür aufschließen, Formulare sichten und etwas telefonieren. Die Provision bezahlt meistens der Mieter, auch wenn der Makler vom Vermieter beauftragt wurde. Was fast immer der Fall ist.
Konkurrenz vom Algorithmus
Passenderweise bekommen Makler zuerst auf dem dynamischen Berliner Mietwohnungsmarkt durch Lifelife Konkurrenz von drei sympathischen Finnen und ihrem Algorithmus. Auf Lifelife können ab Herbst Vermieter Mieter finden und Mieter Wohnungen. Und das nicht nur bequemer, sondern dank Flatrate auch fair: gleiche Dienstleistung, gleicher Preis. Die Flatrate für neue vier Wände macht nur einen Bruchteil der heute üblichen Vermittlungsprovisionen aus. Ein Traum für Mieter: Die Digitale Revolution erfasst die Maklerbranche und rüttelt am Fundament. Verhandlungen mit den ersten großen Berliner Wohnungsbaugesellschaften laufen bereits. Lifelife hat durchaus Potenzial, viele Immobilienmakler mit teuren Uhren, Autos und Anzügen überflüssig zu machen.
Lifelife automatisiert die Vorauswahl für den Vermieter und wertet die Profile von potenziellen Mietern aus: ihre Angaben im Bewerbungsformular sowie Daten aus nicht öffentlichen Datenbanken, die Rückschlüsse auf Zuverlässigkeit und Kreditwürdigkeit geben. Die Plattform kann auch weitere Viertel vorschlagen, basierend auf Vorlieben aus dem Freundeskreis der Wohnungssuchenden. Am Ende unterbreitet Lifelife dem Vermieter drei Vorschläge aus dem Bewerberpool. Das beendet massenhafte Besichtigungen und Ellenbogenwettbewerb im Wohnungsflur. Die Vorauswahl findet diskret in Datenwolken statt.
Vorteile für Mieter und Vermieter
Mieter sparen dabei eine Menge Geld: Die Provision liegt viel näher an der Null als beim heute noch üblichen Vielfachen einer Kaltmiete. Auch haben Wohnungsbaugesellschaften und Einzelvermieter weniger Verwaltungsaufwand. Und vor allem stehen unvermietete Wohnungen wesentlich kürzer leer dank Lifelife: Tage statt Wochen oder Monate – ein Traum für Vermieter. Das macht den Markt auch insgesamt effizienter.
Mieter und Vermieter sparen außerdem eine Menge Zeit: Die Dokumentenflut nimmt ab, Schufa-Auskunft und Gehaltsnachweise müssen Wohnungsbewerber nur einmal bei Lifelife hinterlegen und nicht bei jeder Bewerbung neu mitsenden. Der Vermieter kann auf Grundlage der datenbasierten Vorauswahl entscheiden, welchem der drei Kandidaten er die Wohnungstür aufschliessen möchte. Das heißt, aufschliessen lassen – denn der zweite Clou der Plattform ist das Crowdsourcing mit Lifelife Ambassadors.
Bereit für Wachstum
Lifelife wäre nicht skalierbar, wenn das Lifelife-Team jede Wohnung einzeln abfotografieren und bei jeder Wohnungsbesichtigung jedes Mal den Schlüssel organisieren müsste. Also werden kleine Dienstleistungsaufträge an die eigene Crowd vergeben: Ambassadors können sich dem Fotografieren von leeren Wohnungen etwas dazuverdienen. Oder mit dem Aufschließen der Tür bei einer Besichtigung – für ein kleines Schlüsselgeld. Damit erfüllt Lifelife ein Schlüsselkriterium, um für Venture-Capital-Investoren interessant zu sein: Skalierbarkeit.
Gründerteam
Drei Finnen haben Lifelife gegründet: CEO Martti Mela ist Software-Entwickler, hat zwei Patente mitentwickelt und in den USA angemeldet, spricht zahlreiche Programmier- und Landessprachen, knüpft von Berlin aus Kontakte mit Investoren und Medienvertretern und behält das ganze Projekt im Auge. Lauri Kainulainen ist CTO bei Lifelife und somit für Algorithmen und Webtechnologie zuständig. Niko Knappe hat als Uhrendesigner UIs, UX und IxD für Smart Watches gestaltet. Nun designt er die Benutzeroberflächen für Website, Touchscreens und App von Lifelife schön und handlich: die Berührungspunkte mit den Benutzern.
Lauri und Niko wohnen noch in Helsinki und kommen bald nach Berlin. (Eine Wohnung werden sie über Lifelife sicher finden.) Das Gründerteam trifft sich alle paar Wochen zu Workshops und regelmäßig auf Skype. Kennengelernt haben sich alle am Media Lab an der Kunst- und Designhochschule in Helsinki. Dort sind nicht nur drei Freundschaften entstanden, sondern auch ein gemeinsames Verständnis von gemeinsamer kreativer Schubkraft und von proaktivem Einsatz eines jeden Einzelnen. Freundschaft und Vertrauen gepaart mit professioneller Arbeitseinstellung lautet die Teamformel bei Lifelife. Jeder ist ein Profi auf seinem Gebiet und hat langjährige Berufserfahrung. Die Geschäftsidee ist zwar wichtig, aber viele Leute haben Ideen. Auf die Umsetzung kommt es an – das sagt auch Martti. Und bei der Umsetzung der Gründung ist Praxiswissen aus Vorprojekten und Festanstellungen nur von Vorteil.
Gründungserfahrungen
Das Vorgängerprojekt von Lifelife ist Eqviti.com von 2013. Mit Eqviti verfolgte Martti ein halbes Jahr lang das Ziel, den Markt der Zwangsversteigerungen transparent, übersichtlich und besser zugänglich zu machen. Die Website ist auch heute noch eine übersichtliche Suchmaschine für Zwangsversteigerungen. Martti wollte außerdem durch höhere Transparenz höhere Preise erzielen und damit auch den Schuldnern helfen. Doch ein unangenehmer Beigeschmack blieb bestehen, aus den existenziellen Problemen anderer ein Geschäft machen zu wollen. Außerdem war es nicht mal ein Geschäft, Eqviti fand kein Ertragsmodell. Also machte sich Martti auf die Suche nach anzapfbaren Geldströmen im Immobilienmarkt und wurde bei den Maklern fündig. Dabei flossen Marttis Gründungserfahrungen aus Eqviti direkt in Lifelife ein. Mit der ersten Gründung lernte Martti bereits die Branche kennen. Nach systematischer Neugestaltung und Anpassung des Geschäftsmodells entstand Lifelife: erst als Idee, dann als UG und heute als GmbH – Gesellschaft mit beschränkter Haftung – für ein Projekt mit unbeschränkten Möglichkeiten.
Investor gefunden
Einen ersten Investor aus Finnland hat Lifelife schon an Bord, mit weiteren laufen Gespräche. Martti hat die Erfahrung gemacht, dass es ihm wenig brachte, Investoren anzurufen oder Businesspläne einfach so zu verschicken. Darauf antwortete kaum jemand. Zielführender war es für ihn, potenziellen Investoren in echt zu begegnen und sich am besten von gemeinsamen Bekannten oder Netzwerkern einander vorstellen zu lassen. Nach nettem Plaudern inklusive Fahrstuhl-Pitch dann Kontaktdaten austauschen und am nächsten Tag ein Executive Summary schicken. Signalisiert der Investor Interesse, den gesamten Businessplan. Mit etwas Geschick und Glück darf man präsentieren kommen, um dann mit noch mehr Geschick und noch mehr Glück mit der richtigen Idee zum richtigen Zeitpunkt und mit den richtigen Umsetzungskompetenzen im richtigen Team die richtigen Wagniskapitalgeber zu begeistern. Mit Seedfunding ausgestattet, geht Lifelife im Herbst live.
Lifelife möchte Tausenden von Leuten helfen, zeit- und kostensparend ein Dach überm Kopf in Berlin zu finden. Und Berlin ist natürlich nur der Anfang.
[September 2014]