Die Zukunft ist nicht vorhersehbar. Also auch nicht, ob das eigene Geschäftsmodell erfolgreich sein wird oder nicht. Dennoch müssen Entscheidungen fallen: Erfolgreiche Geschäftsmodelle brauchen entschiedenes Handeln – heute und jeden Tag. Hierbei helfen Strategien, die auf eine aktive Gestaltung der Zukunft durch Steuerung setzen und darauf verzichten, die Zukunft im Sinne eines Visionärs vorherzusagen [1]. Denn wer Visionen hat, sollte zum Augenarzt – das sagte schon Helmut Schmidt.
Im Kern geht es darum, als Entrepreneur selbst zu einem Gestalter im künstlerischen Sinne zu werden, dem es gelingt, andere von der eigenen Idee zu überzeugen [2]. Denn Künstler und Entrepreneure schaffen beide Neues. Sie gestalten aus Gedankenkraft Dinge, Sinneseindrücke oder Funktionalitäten, die es vorher nicht gab und die idealerweise zum Denken anregen, beeindrucken und die eigene Wahrnehmung der Welt verändern. Oder die den Handlungsradius von Menschen erweitern oder zumindest effizienter gestalten.
Das Neue in der Kunst und auf dem Markt
Künstler müssen Neues schaffen, sonst wären sie lediglich Nachahmer. Die Kunstgeschichte ist die Geschichte ästhetischer Innovationen. Kunsthandwerk allein reicht zwar aus, um ein Gemälde zu fälschen. Aber nur Kunsthandwerk hätte nicht gereicht, um zum Beispiel in der Malerei den Kubismus oder bei den Hörkünsten die Zwölftonmusik zu erfinden. Sie wurden erdacht von Künstlern, die wagten, neues Terrain zu schaffen, zu erkunden – und zu verkaufen. Hier die Parallele zum Markt: Wer mit einem Produkt erfolgreich sein möchte, sollte der Erste sein, der dieses Produkt bekannt macht. Damit alle an dieses eine Produkt denken, wenn von der Produktklasse die Rede ist. Dasselbe gilt natürlich auch für Dienstleistungen.
Doch zurück zur Kunst. Kunstwerke müssen überzeugen. Sie müssen überzeugen, dass sie es Wert sind, dass man ihnen Zeit und Aufmerksamkeit schenkt. Auch die Produkte und Dienstleistungen von Entrepreneuren müssen am Markt überzeugen. Je nach Geschäftsmodell müssen sie an der Kasse beweisen, dass sie den Kaufpreis Wert sind oder – bei werbefinanzierten Modellen – die Zeit und Aufmerksamkeit des Publikums.
Künstlerischer Imperativ für Entrepreneure
Entrepreneure haben also mehr mit Künstlern gemeinsam als mit Managern. Für einen Unternehmer (der Bestehendes reproduziert) mag es ausreichen, ein guter Manager zu sein. Entrepreneure müssen aber regelrecht künstlerisch tätig sein, um Konventionen zu durchbrechen und damit Neues in die Welt zu bringen [3].
Jeder ist ein Künstler, meinte der Künstler und Düsseldorfer Kunstprofessor Josef Beuys. Was er damit programmatisch meinte: Jeder hat das Potenzial dazu. Kreativität ist jedenfalls keine Zauberei, sondern das Einnehmen einer inneren Haltung. Diese Haltung entsteht aus einer stetigen Auseinandersetzung mit sich selbst. An deren Ende liegt der Schlüssel zur eigenen Authentizität, die wiederum für die Entwicklung einer eigenen Kreativität die entscheidende Rolle spielt [4]. Nur wer authentisch sie oder er selbst ist, kann etwas authentisch Eigenes und Neues erschaffen.
Fachliteratur
[1] vgl. Faschingbauer 2013, S. 106
[2] vgl. Reckhenrich 2013, S. 98
[3] vgl. Faltin 2013, S. 52–53
[4] vgl. Reckhenrich 2013, S. 98
Faltin, Günter (2013): Kopf schlägt Kapital. Die ganz andere Art, ein Unternehmen zu gründen. Von der Lust, ein Entrepreneur zu sein, 4. Auflage, München.
Faschingbauer, Michael (2013): Effectuation. Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln, 2. Auflage, Stuttgart.
Reckhenrich, Jörg (2013): Werden Sie zum Künstler. Können Manager etwas von Picasso, Beuys und Lady Gaga lernen? Ja – indem sie ihre eigene kreative Haltung und Identität entwickeln., in: Harvard Business Manager. Vom Manager zum Unternehmer (7), S. 98–99.
[Bildnachweis: © Florian Stenschke]