Big Data und Data Science sind in aller Munde. Die Geschäftsmodelle von Google, Amazon, Facebook und Co. basieren nicht zuletzt auf deren Fähigkeit, Daten en masse zu sammeln und zu nutzen. Mit trockener Statistik von einst hat das nichts mehr zu tun. Daten-Management und Analytics sind ausgereifte, lebendige Disziplinen, die in keinem Großunternehmen fehlen dürfen.
Doch auch für Startups werden Daten zunehmend zum Thema – wenn auch meist zu einem komplexen angesichts der fachlichen Anforderungen und der eigenen Ressourcen. Dieser Artikel von INWT Statistics spricht einige Punkte an, die Startups beim Sammeln und möglichst gewinnbringenden Auswerten von Daten beachten sollten.
Zentrale Datenfragen
Die meisten Gründerteams haben ihre stärksten Kompetenzen in Betriebswirtschaft (speziell Marketing) und IT. Nur die allerwenigsten haben einen eigenen Statistiker an Bord – oder Data Scientist, wie das Berufsbild heute umfassender heisst. Doch irgendjemand im Startup muss sich um zentrale Datenfragen wie diese kümmern:
- Benötigen wir ein CRM- und/oder ein BI-System (Customer Relation Management / Business Intelligence) und wie soll es im Detail aussehen?
- Welche Software ist für uns am besten geeignet?
- Welche Metriken aus welchen Systemen sollten wir erfassen?
- Wie strukturieren wir unsere Daten?
- Welche Kennzahlen müssen wir berechnen und wie bilden wir diese in Reports ab?
- Gibt es Gruppen von Kunden, die wir gesondert über das Marketing ansprechen sollten (Kundensegmentierung)?
- Welchen Wert haben unsere Kunden (CLV, Customer-Lifetime-Value)?
- Welchen Beitrag leisten einzelne Online-Marketing-Kanäle zum Erfolg (Customer-Journey-Analyse)?
- Wie sollten wir die Budgets optimal für die verschiedenen Kanäle ausbalancieren (Attribution)?
- Welchen Beitrag leistet TV zu online erzielten Verkäufen (TV-Attribution)?
- Wie setzen wir sinnvolle Höchstgebote im Display-Advertising (RTB) und SEA?
- Wie können wir durch geeignete Empfehlungen das Up- bzw. Cross-Selling-Potenzial unserer Kunden erschließen (Empfehlungssysteme)?
- Wie können wir unsere Website für A/B-Tests optimieren?
- Wie erkennen und verhindern wir Betrug bei Kreditkartenzahlungen oder Click-Betrug im Display-Advertising (Fraud Detection)?
Kreative Lösungen vs. Comprehensive Data Science
Gründer sind Macher und Anpacker. Weil die Auseinandersetzung mit statistischen Fragestellungen durchaus als wesentlich für den Unternehmenserfolg erkannt wird, besinnen sich vor allem BWLer und ITler auf ihre Statistik-Kenntnisse aus dem Studium. Erstere bringen mindestens Kenntnisse über deskriptive Auswertung von Daten, statistische Signifikanztests und einfachere Regressionsmodelle mit. ITler ergänzen dieses Spektrum meist um die Kenntnis gängiger Machine-Learning-Algorithmen. Mit diesen Kenntnissen lassen sich durchaus kreative Lösungen für viele der obigen Fragestellungen basteln. Dabei wird nur gern das Folgende übersehen.
Auch wenn Statistik von vielen als Hilfswissenschaft wahrgenommen wird, handelt es sich um ein vollwertiges Fach, das in Breite und Tiefe der Methoden und Anwendungsgebiete genauso vielfältig ist wie Informatik oder BWL jeweils für sich genommen. Die Konsequenz ist: Für eine CLV-Analyse reichen Statistik-Kenntnisse aus zwei bis drei Vorlesungen nicht aus. Ein IT-System-Elektroniker wird ja auch nicht damit betraut, SAP-Module anzupassen.
Theorie plus Praxiserfahrung
Statistik-Absolventen haben bereits Kenntnisse in Bereichen wie robuste und nicht parametrische Methoden, Überlebenszeitanalyse, Versuchsplanung, Bayesianische Modelle, Extremwertverteilungen etc. Wer Statistik nur als Nebenfach belegt hat, wird davon wenig bis gar nichts verstehen. Und nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Statistik (wie es in Deutschland z.B. in Dortmund, München oder Berlin angeboten wird), sammeln beratende Statistiker dazu noch viele Erfahrungen in der Praxis.
Im Berufsalltag eines Statistikers kommen praktische Erfahrungswerte zu besonders wichtigen Metriken hinzu, aber auch Kenntnisse von beliebten Fallstricken bezüglich der Datenqualität sowie Best-Practice-Wissen in den unterschiedlichsten Anwendungsgebieten. Dieses Berufswissen ermöglicht es Experten, die Fragestellungen von oben betrachtet deutlich schneller und mit einem aussagekräftigeren Ergebnis zu lösen als Statistiker im Nebenjob.
Beratung lohnt sich
Nicht selten sparen optimierte Prognosemodelle (z.B. bei der Personaleinsatzplanung, bei der Gebotssteuerung im Real-Time-Bidding oder in der Betrugserkennung) im direkten Vergleich mit Bastellösungen Marke Eigenbau bereits innerhalb eines Jahres ein Vielfaches ihrer Kosten ein. Der Eigenbau ist zwar günstiger in der Entwicklung, langfristig spart er aber nicht annähernd die Kosten ein, wie es mit professionellen Prognosemodellen möglich wäre.
Kompetenz im Umgang mit Daten und Algorithmen ist ein Wettbewerbsvorteil, genauso wie eine effiziente IT oder eine innovative Marketing-Strategie. Gerade wenn Startups keinen Vollblut-Statistiker mit umfassender Erfahrung im Team haben, dafür andere Teammitglieder zumindest mit Teildisziplinen der Statistik in Berührung gekommen sind, amortisieren sich Beratungkosten in den meisten Fällen recht schnell.
Daten professionell nutzen
Ein erfahrener, externer Data Scientist strukturiert den Prozess der Lösungsfindung und erspart damit Recherchen in zu viele Richtungen. Die Erfahrung aus vergleichbaren Projekten beschleunigt gleichermaßen den Lösungsfindungsprozess durch gezielte Auswahl der richtigen Metriken sowie durch Vermeidung typischer Fehler – und stellt so eine hohe Qualität der Umsetzung sicher. Beides spart Geld und Ressourcen und führt dazu, dass der ROI einer professionellen quantitativen Beratung überdurchschnittlich hoch ausfällt. Das gilt umso mehr, wenn das untersuchte Problem kritisch für den Markterfolg ist und das Startup eigenes Personal hat, das im Projektverlauf durch einen Wissenstransfer durch externe Berater dazu befähigt wird, den Algorithmus künftig selbst zu pflegen und zu warten.
Beste Lösungen finden: extern und intern
In der quantitativen Beratung gehört es zum guten Ton, ein kostenloses und unverbindliches Erstgespräch anzubieten. Bei dieser Gelegenheit können interessierte Startups potenziellen Anbietern auf den Zahn fühlen und sich ein Bild davon machen, welche Vorteile eine Beratung im Vergleich zu einer Inhouse-Lösung bietet. Wenn die eigenen Ressourcen es zulassen, lohnt es sich, eine Strategie zu entwickeln für die geordnete Übergabe an eigenes Personal. So lässt sich der Anspruch, die beste Lösung zu finden, mit dem Wunsch nach einer Inhouse-Lösung mittelfristig durchaus sehr gut vereinen.
[Juli 2015]